Wilhelm von Boddien (5. v. r.) mit CTOURisten im Informationszentrum Humboldtbox

CTOUR specia:l Ein Traum wird wahr – Wiederaufbau des Berliner Schlosses

Was gibt es Neues über den aktuellen Stand der Arbeiten am größten Kulturbauvorhaben Deutschlands – dem Berliner Schloss-Humboldtforum?Ich war neugierig und gespannt. Über den jahrelangen Meinungsstreit, das vielseitige Für und Wider, hatte ich schon einiges gelesen und auch von dem Mann, der mit dem Schlossbau seinen Lebenstraum verwirklichen will – Wilhelm von Boddien. Bemerkenswert: Kein Berliner, ein Kaufmann aus Hamburg.


Beim CTOUR special Ende September im Informationszentrum der Humboldtbox gegenüber dem Berliner Dom lernte ich ihn kennen. Er hatte sich die Zeit genommen unsere Journalistengruppe persönlich mit dem vertraut zu machen, was ist und was kommen wird.
Unspektakulär zeigt sich uns die Baustelle mit Bohrmaschinen und Baggern im Dämmerlicht. Am 21. Juni 2012 wurde hier mit den Gründungsarbeiten begonnen. Diesen Tag wird Wilhelm von Boddien, Geschäftsführer vom Förderverein Berliner Schloss e.V., nie vergessen. Endlich ging es los. Seit Jahrzehnten hatte er davon geträumt.

Wilhelm von Boddien (5. v. r.) mit CTOURisten im Informationszentrum Humboldtbox
Wilhelm von Boddien (5. v. r.) mit CTOURisten im Informationszentrum Humboldtbox

Gegenwärtig – so berichtet er uns – werden dutzende Bohrlöcher bis zu 40 Meter Tiefe in die Erde gebracht. Sie werden mit einer Stahlamierung versehen und mit Beton ausgegossen. Auf diesem Fundament entsteht dann der neue Schlosskomplex. Solche Bohrpfähle, dicht an dicht, sichern auch die bei den Ausgrabungsarbeiten wiederentdeckten Reste der Kellergewölbe des alten Schlosses. Sie sollen künftig für die Besucher zum Teil wieder zugänglich sein und an das Verlorene erinnern.

Sehr anschaulich vermittelt uns dann unser Gesprächspartner, was verloren gegangen ist. Noch einmal lässt er die wichtigsten Stationen der Entwicklung und Bedeutung des Berliner Stadtschlosses von 1443 bis zu seiner endgültigen Zerstörung im Jahr 1950 Revue passieren. Er spricht von den vielen Bauherren, den Kurfürsten, Königen und Kaisern, die mit ihren Vorstellungen dem Schloss immer wieder ein neues Gesicht verliehen. Er schwärmt von den Leistungen der zahlreichen Baumeister, die mit ihrer Kunst den vielschichtigen Wandel des markanten Bauwerkes im Herzen Berlins prägten.

Besonders schmerzlich war für ihn der Untergang des Stadtschlosses durch einen barbarischen Krieg und eine ignorante Politik. Das darf nicht für immer verloren und vergessen sein, dachte er. In ihm reifte der Traum vom Wiederaufbau an historischer Stelle.
Nach der deutschen Wiedervereinigung wurde über dieses Vorhaben in Berlin öffentlich heiß und kontrovers gestritten. Die Meinungen von Befürwortern und Gegnern prallten hart aufeinander. Eine Diskussion, die bis heute anhält. Wilhelm von Boddien wusste, in dieser Debatte sind die Berliner mit Worten allein nicht zu gewinnen. So entstand die Idee, mit einer riesigen farbigen Fassadensimulation des Schlosses den Berlinern und Besuchern der Stadt vor Ort die Wirkung des Gebäudes anschaulich zu machen. Für eineinhalb Jahre stand diese Bildwand 1993 bis Herbst 1994 auf dem Schlossplatz. Diese Aktion trug entscheidend dazu bei, den Schlossneubau voranzutreiben und letztlich zur beschlossenen Sache zu machen.

Modell des einstigen Berliner Zentrums mit dem Stadtschloss im Vordergrund
Modell des einstigen Berliner Zentrums mit dem Stadtschloss im Vordergrund

Am großen Modell der alten Stadtmitte erläutert uns Wilhelm von Boddien noch einmal die Bedeutung dieses großen Projektes. Es soll die Stadt heilen von den Wunden der modernen Geschichte und die Lücke wieder harmonisch schließen zu den historischen Repräsentationsbauten Unter den Linden.
Das Berliner Schloss-Humboldtforum wird in Größe und äußerer Gestalt dem historischen Vorbild nahezu gleichen. Drei der alten barocken Schlossfassaden und der Schlüterhof werden rekonstruiert. Lediglich die Ostseite zur Spree wird modern gestaltet. Die Mehrkosten der historischen Fassadengestaltung gegenüber einer modernen Variante will der Förderverein Berliner Schloss e.V. durch Spenden aufbringen. 80 Millionen Euro werden dafür gebraucht. Sie sind fest im Finanzierungskonzept eingeplant. Über 21 Millionen Euro sind gegenwärtig schon im Topf. Jeder Euro zählt, um das anspruchsvolle Spendenziel zu erreich, betont Boddien. Er glaubt, wenn der Schlossbau erst Gestalt annimmt werden die Spenden noch üppiger fließen.

Wie sind die nächsten Planungsetappen für das Großprojekt?
Im Mai 2013 soll der Grundstein zum Berliner Schloss-Humboldtforum gelegt werden. 2017 soll es bezugsfertig sein und 2019 öffentlich eingeweiht werden. Zweifel an diesem Termin lässt unser Gastgeber nicht zu. Das ist beschlossene Sache, meint er.

Was bietet das Humboldtforum künftig seinen Besuchern?

Ein einmaliges Zentrum der Weltkulturen soll hier entstehen, ausgestattet mit den reichen außereuropäischen und völkerkundlichen Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Einbezogen werden auch die wissenschaftlichen Sammlungen der Humboldt-Universität und ausgewählte Sammlungen der Staats-, der Zentral- und Landesbibliothek. Auch wenn noch nicht alle Details vorliegen – es wird weit mehr sein als ein Museum. Es soll zu einem Ort der Kommunikation, des geistig kulturellen Gedankenaustausches auf der Basis der Gleichberechtigung der Weltkulturen werden. Es soll das Interesse wecken, über eigene und fremde Kulturen nachzudenken und damit zum besseren Verständnis und zur Annäherung der Völker beitragen.

Die Humboldtbox ist zu einer beliebten Touristenattraktion in Berlin geworden
Die Humboldtbox ist zu einer beliebten Touristenattraktion in Berlin geworden

Bisher stand ich diesem aufwendigen Bauvorhaben neutral gegenüber. Die Stunde mit Wilhelm von Boddien gab mir und meinen Journalistenkollegen eine neue Sicht auf das, was hier an Großartigem für die Berliner und Besucher aus aller Welt entsteht.
Der Überzeugungskraft seiner Worte, seinem leidenschaftlichen Werben für den Neubau kann man sich schwer entziehen. In allem was er sagt, ist sein unermüdliches Engagement zu spüren.
Wilhelm von Boddien ist seit zwanzig Jahren seinem Lebenstraum unbeirrbar gefolgt, hat trotz massiver Widerstände nie resigniert. Es braucht solche Feuer, damit Träume wahr werden.

www.berliner-schloss.de

Förderverein Berliner Schloss e. V. (Spendenkonto: Deutsche Bank AG Berlin, Konto: 0772277, BLZ: 100 700 00)

Fotos: CTOUR/Hans-Peter Gaul